Testbericht Filmscanner Reflecta x66-Scan
Im Juni 2021 brachte Reflecta mit dem x66-Scan einen neuen Mittelformatscanner auf CMOS-Basis auf den Markt. Man könnte ihn als Nachfolger des kurz davor ausgelaufenen Reflecta X120-Scan bezeichnen, auch wenn ihn reflecta nicht als direkten Nachfolger präsentiert.
Eigentlich ist der Reflecta x66-Scan gar kein Scanner im klassischen Sinne sondern vielmehr als eine Art Abfotografiermaschine. Ein eingelegter Film wird nämlich nicht zeilenweise abgescannt sondern digital fotografiert. Die Bilder werden auf einer SD-Speicherkart gespeichert, so dass man für den Betrieb des Scanners (der Kamera) keinen PC benötigt. Wie eine Digitalkamera so hat auch der X66-Scan ein Display integriert, so dass man die Aufnahmen direkt auf dem Display anschauen kann.
Ausstattung, Zubehör und Leistungsdaten des Filmscanners
Beim Auspacken des Reflecta x66-Scan wurden wir gleich mal sehr positiv überrascht: Ein kleines, sehr schönes Handbuch liegt ganz oben im Karton. Auf 20 kleinen Seiten werden dem Benutzer die wesentlichen Merkmale des x66-Scan erläutert, es wird gezeigt, wie man Filme in die Filmhalter einlegt und wie man die Filmhalter dem Scanner zuführt. Das kleine Handbuch in mehreren Sprachen ist vorbildlich, so etwas wünscht man sich zum Einstieg!
Aber nun zum Gerät selbst: Der Reflecta x66-Scan ist ein Multiformatscanner, der mit zahlreichen Filmtypen umgehen kann. Mit dem standardmäßigen Mittelformat-Halter kann man Mittelformat-Filme (Typ 120) in den Formaten 6x4.5 bis 6x9cm digitalisieren. Zum Mittelformat-Halter gehört noch ein Einsatz, mit dem man den Scanbereich auf 4x4cm 127-Filme reduzieren kann. Ein Diahalter kann 6 gerahmte Kleinbild-Dias im Querformat aufnehmen, und ein Filmstreifenhalter kann einen Filmstreifen bis zu einer Länge von 6 Bildern aufnehmen.
Das Gerät hat einen CMOS-Chip integriert. Damit fotografiert es den eingelegten Film ab wie eine Digitalkamera. Der CMOS-Chip hat 14 Megapixel und entspricht damit einer durchschnittlichen Smartphone-Kamera. Die maximale Auflösung liegt laut Hersteller bei 4584x3056 Pixel. Diese Auflösung ist unabhängig vom Filmformat, d.h. ein Kleinbild-Film der Größe 24x36mm wird mit der gleichen Pixelanzahl wiedergegeben wie ein 6x9cm großer Mittelformatfilm. Mit Hilfe eines Interpolationsmodus wird die Auflösung auf 22 Megapixel gesteigert, aber dabei wird nur die Bildgröße erhöht, nicht die Schärfe.
Der Reflecta x66-Scan arbeitet völlig unabhängig von einem PC. Wie bei einer Digitalkamera werden die aufgenommenen Bilder auf einer SD-Speicherkarte gespeichert, die jedoch nicht zum Lieferumfang des Scanners gehört. Unterstützt werden SD-Karten mit einer Größe bis 128 Gigabyte. Das sollte auch für Massenscans reichen. Das Gerät arbeitet also PC-unabhängig und wird über ein Mini-USB-Netzteil mit Strom versorgt. Die Bedienung des Gerätes erfolgt über 5 Drucktasten an der Vorderseite des Gerätes sowie über ein Display an der Oberseite des Gerätes. Das Display hat eine Größe von 4,3 Zoll (10,9 cm) und dient auch zum Anzeigen der Scans. Über einen HDMI-A Kabel lässt sich das Gerät auch an einen externen Monitor anschließen.
Das Gerät selbst ist sehr kompakt und hat die Abmessungen 117x118x192 mm (Länge x Breite x Höhe). Es wiegt gerade mal 580g. Damit nimmt es nicht viel Platz auf dem Schreibtisch ein. Die Scan-Geschwindigkeit wird vom Hersteller mit 2 Sekunden pro Bild angegeben. Die kurze Zeit lässt sich kaum messen, denn es wird ja nicht wirklich gescannt sodern lediglich ein Foto vom eingelegten Film gemacht. Die eigentliche Scan-Zeit spielt also keine nennenswerte Rolle angesichts des Aufwandes, den Film in den passenden Filmhalter einzulegen.
Die Scans bzw. die Fotos werden auf der eingelegten SD-Karte gespeichert. Als Grafikformat ist jedoch nur das komprimierte JPG-Format auswählbar. Ein unkomprimiertes Format wie TIF ist leider nicht verfügbar. Das Gerät und die Bedienung ist bewusst sehr einfach gehalten, so dass man nach einer minimalen Einarbeitungszeit gleich loslegen kann. Außer den Grundeinstellungen für das Filmformat oder den Filmtyp (Positiv, Negativ, Schwarz-Weiß) gibt es nicht viele Einstellmöglichkeiten. Da die Filme einfach abfotografiert und nicht gescannt werden, gibt es keine hardwaremäßige Staub- und Kratzerentfernung wie es bei Filmscannern eigentlich üblich ist.
Inbetriebnahme und Scannen mit dem reflecta x66-Scan
Um den Scanner in Betrieb zu nehmen steckt man in den Slot auf der Rückseite eine SD-Karte (nicht im Lieferumfang enthalten), verbindet den Scanner über das USB-Kabel und den Netzstecker mit Strom und drückt den mittleren der 5 Drucktasten, der mit Power beschrieben ist. Optional kann man den Scanner noch via HDMI mit einem externen Monitor verbinden. Dies bietet jedoch nur den Vorteil einer größeren Vorschau als auf dem Scanner-Display selbst.
Vor dem Scannen sollte man sich vergewissern, dass die Hintergrundbeleuchtung im Inneren des Scanners sauber ist. Hierzu verwendet man die mitgelieferte Reinigungsbürste. Die Seite mit Samt muss hierzu nach unten in den Scanner eingesetzt und hin und her bewegt werden. Nun ist der Scanner vorbereitet und die Filmhalter können bestückt werden. Die Filmhalter bieten je nach Format Platz für ein Mittelformat, bis zu 4 gerahmten KB-Dias oder einen 6er KB-Streifen. Der KB-Filmstreifenhalter verfügt über 2 Erhebungen pro Bild, die in die Perforation greifen sollen um den Film zu halten. Bei unseren Testfilmen hat dies nicht immer gut funktioniert, da die Perforation des Filmes keinerlei Beschädigung aufweisen sollte und der Filmtransport der Kamera perfekt funktioniert haben muss. Auch das Einlegen mehrerer einzelner Bilder oder mehrerer kürzerer Filmstreifen wird so erschwert.
Jeder Filmhalter ist mit einem kleinen Pfeil versehen, der die Einschubrichtung in den Scanner vorgibt. Auch auf dem Scanner sind oberhalb der Slots Pfeile, welche die Einschubrichtung klar vorgeben. Der Filmhalter wird nun in den Scanner geschoben. Für die beiden KB-Halter ist der obere Slot, und der-MF Halter kommt in den unteren. Je nachdem ob man MF (120) oder KB (135) scannt muss noch der Fokus-Schalter oberhalb der Slots verschoben werden.
Zuerst wird am Scanner nun der Filmtyp eingegeben. Mit der Taste OK/Enter gelangt man in das Untermenü in dem zwischen Negativ-Streifen, Dia und S&W gewählt werden kann. Mit den Pfeiltasten Left und Right wählt man das Format aus und bestätigt mit OK/Enter. Abschließend wählt man beim KB noch zwischen 126KPK (Instamatic) und 135 (Kleinbild) und beim Mittelformat zwischen 127VPK (4x4 Rollfim) oder 120 (Mittelformat in den Varianten 60x45, 60x60, 60x70, 60x80 oder 60x90). Mit OK/Enter bestätigt man wieder die Auswahl.
Auf dem Display des Scanners erscheint die Vorschau des Bildes in Echtzeit. Man kann den Filmhalter nochmal optimal Positionieren, denn ein bisschen Spiel bleibt auch nach dem Einrasten immer noch. Drückt man nun auf OK/Enter gelant man in das Einstellungsmeü für Belichtungskorrektur (EV), Farbe (R,G,B) und Schärfe (SHP). Möchte man keine Optimierungen vornehmen drückt man statt dessen direk auf Convert/Mode und bestätigt das Abspeichern mit OK/Enter. 2 Sekunden später ist das JPG auf der SD Karte abgespeichert und das nächste Bild kann gescannt werden. Der Scanvorgang selbst benötigt somit lediglich 2 Tastendrücke.
Um die gescannten Dateien auf den PC zu übertragen kann entweder der Scanner per USB Kabel mit dem PC verbunden werden. Für diese Variante schaltet man nach dem Anschließen des Kabels den Scanner ein und wählt mit Hilder der Pfeiltasten im Menü den Punkt USB MSDC aus. Bestätigt wird die Auswahl mit OK/Enter und schon kann über den PC auf die SD Karte zugegriffen werden. Alternativ kann die SD-Karte auch mit einem Kartenlesegerät oder Kartenleseslot eingelesen werden.
Die Bilder sind auf der SD Karte in einem Order abgelegt und von IMG00001 aufwärts nummeriert. Die Nummerierung lässt sich nicht verändern und auch durch das Formatieren der SD Karte nicht zurücksetzen.
Die Filmhalter für den x66-Scan sind auch einzeln erhältlich. Mit einem zweiten Diahalter oder Filmstreifenhalter kann man diesen befüllen während sich der erste gerade im Scanner befindet. Zusätzlich zu den Standard-Filmhaltern gibt es auch einen Instamatic-Halter für den x66-Scan. In unserem Online-Shop sind Filmhalter für den x66-Scan erhältlich.
Die Bildqualität des reflecta x66-Scan
Angegeben wird vom Hersteller eine optische Auflösung von 14 Megapixeln. Unser USAF Target wurden auch mit den dafür nötigen 4584x3056 Pixel abgespeichert, somit sind in unserem Scan 14 Megapixel enthalten. Mit Hile des USAF-Targets können wir jedoch feststellen, welche effektive Auflösung der Scanner tatsächlich liefert.
Dass beim reflecta x66-Scan nur eine Ausgabe im komprimierten JPG-Format möglich ist, haben wir Anfangs ja bereits beschrieben. Das JPG-Format ist nicht optimal für das Auswerten der effektiven Auflösung, jedoch spiegelt der Auflösungstest die Realität so auch wieder, da generell in keinem anderen Format gescannt werden kann. Im Scan des USAF-Testcharts lassen sich gerade noch die horizontalen und vertikalen Linie des Elements 5.2 unterscheiden. Laut unserer Auflösungstabelle bedeutet dies eine effektive Auflösung von etwa 1825 ppi. Scannt man ein 24x36 mm Bild mit 1825 ppi erhält man eine Datei mit 1733 x 2591 Pixeln. Dies entspricht ca. 4,5 Megapixel. Im Vergleich zur beworbenen Auflösung von 14 Megapixeln bedeutet dies, dass der reflecta x66-Scan bei einem KB-Dia oder Negativ nur knapp 32% der Nominalauflösung liefert. Im Vergleich zu anderen Filmscannernn kann der reflecta x66-Scan immerhin mit der Auflösung mit einem Flachbettscanner wie dem Epson V600 mithalten. Und was bedeuten die 1733 x 2591 Pixel für einen Ausdruck? Gehen wir von einer Druckauflösung von 300 dpi aus, kann man ein Bild, welches 1733x2591 Pixel enthält, in der Größe von 14,6 x 21,9 cm ausdrucken. Für das Betrachten an einem Full HD Fernseher, der eine HD-Auflösung von 1920 × 1080 Pixeln benötigt, ist die erzielte Auflösung auch völlig ausreichend.
Der Reflecta x66-Scan liefert eine effektive Auflösung von ca. 1800 ppi und produziert damit Bilddateien mit effektiv ca. 4,5 Millionen Pixel. Der Nominalwert beträgt 14 Megapixel.
Der Reflecta x66-Scan produziert also tatsächlich Bilddateien, die 14 Megapixel enthalten (bzw. 22 Megapixel interpoliert). Effektiv sind aber nur Bildinformationen in der Größenordnung von 4,5 Megapixel enthalten. Dies genügt aber völlig, um die Digitalbilder am Bildschirm zu betrachten, sie in sozialen Medien zu verwenden oder um ein digitales Fotoalbum zu erstellen. Für die dauerhafte Archivierung von Filmmaterial sind 4,5 Megapixel jedoch zu wenig, insbesondere bei Mittelformaten. Mit einer effektiven Auflösung von 1825 ppi ist der Reflecta x66-Scan jedoch fast doppelt so gut wie sein Vorgänger Reflecta X120-Scan.
Doch nicht nur die Auflösung ist für die Qualität eines Scans entscheiden sondern zum Beispiel auch der Kontrastumfang. Und hier wurde bei unseren Test-Scans schnell deutlich, dass der reflecta x66-Scan bei Bildern mit starken Kontrasten schnell an seine Grenzen stößt. Vorallem in dunklen Bereichen ist schnell keine Zeichnung mehr vorhanden. So sind durch die automatische Belichtung bei unseren Tests zum Beispiel Schatten einfach tief schwarz geworden. Und auch die manuelle Belichtung, welche einstellbar ist zwischen -2.0EV und +2.0EV in 0.5 Schritten, war nur bedingt hilfreich um die Bildqualität deutlich zu steigern.
Der geringe Kontrastumfang des x66-Scan macht sich immer dann bemerkbar, wenn auf dem Bild sehr dunkle oder sehr helle Stellen sind oder wenn auf einem Bild sowohl sehr dunkle als auch sehr helle Partien enthalten sind. Wer mit dem Reflecta x66Scan ein normales Urlaubsfoto oder ein Familienbild scannt, erhält einen akzeptablen Scan, weil dabei der Kontrastumfang keine große Rolle spielt.
Die Scangeschwindigkeit des Reflecta x66-Scan
Eigentlich darf man beim x66-Scan gar nicht von Scangeschwindigkeit sprechen, weil ein Film wird nunmal nicht im klassischen Sinne gescannt, also abgetastet, sondern einfach abfotografiert. Entsprechend gibt es keine Zeiten wie bei einem Scanner sondern vielmehr wie bei einer Digitalkamera. So ist die Angabe einer Vorschauzeit überhaupt nicht möglich, da die Vorschau im Live-Modus erfolgt. Man sieht also immer genau das Bild, auf das der Sensor blickt. Ein leichtes Hin- und Herbewegen eines eingelegten Filmhalters führt zu einer Live-Änderung des Vorschaubildes.
Reflecta gibt die Scanzeit für ein Bild mit weniger als 2 Sekunden an. Diesen Wert können wir bestätigen; die Scan-Zeit spielt in der Praxis somit keine Rolle. Es ist auch weniger die Zeit, die der Scanner bzw. die Kamera für die Aufnahme benötigt, denn die eigentliche Belichtung erfolgt bekanntlich in Sekundenbruchteilen, sondern es handelt sich vielmehr um die Zeit der anschließenden Bildverarbeitung und Bildspeicherung auf der Speicherkarte.
Beim Scannen von Bildern mit dem Reflecta x66-Scan entfallen also die bei Filmscannern üblichen Wartezeiten während eines Vorschauscans oder eines Feinscans. Die meiste Zeit geht für das Einlegen der Filme in die Filmhalter sowie in das exakte Positionieren der Filmhalter im Scanner drauf.
Zusammenfassung, Fazit
Der reflecta x66-Scan ist ein wahrer Alleskönner: Vom Kleinbild-Filmstreifen über gerahmte Kleinbild-Dias über Instamatic-Filme kann er bis zum Mittelformat 6x9cm fast alles verarbeiten, was in diesem Größenbereich liegt. Da er PC-unabhängig läuft, braucht man sich um keine Softwareversionen und Systemvoraussetzungen Gedanken machen. Die Bildqualität reicht für Standard-Bilder völlig aus, wenn man die Scans am Bildschirm betrachten oder in sozialen Medien veröffentlichen möchte. Für die dauerhafte Archivierung von Filmmaterial holt das Gerät jedoch nicht genügend Bildinformationen aus den Filmen heraus.
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