Bildrauschen - Bedeutung und Entstehung
Kann ein Bild rauschen? Zur Zeit der analogen Fotografie kannte man diesen Begriff gar nicht. Verwendete man einen Film mit einer hohen ASA-Zahl (ISO-Zahl) und vergrößerte man die Abzüge stark, so erkannte man zwar Strukturen, die man zu damaliger Zeit aber weniger als Bildrauschen bezeichnete sondern vielmehr auf die Filmkorn-Struktur zurückführte.
In der Zeit der digitalen Fotografie ist Bildrauschen ein Begriff, den jeder Fotograf früher oder später kennenlernt. Jede Digitalkamera, vom billigsten Einsteigermodell bis zur professionellen DSLR, ermöglicht kürzere Belichtungszeiten, indem man einfach die ISO-Zahl hochstellt. Dabei treten immer stärkere Rauscheffekte auf, die eine Fotoaufnahme sogar ganz unbrauchbar machen können. Auch in Filmscannern und Flachbettscannern kommen CCD-Sensoren zum Einsatz, die Rauscheffekte zeigen. Wir klären nun zuerst einmal den Begriff Rauschen, was er bedeutet, woher er kommt und gehen dann auf dessen Entstehung in modernen Digitalkameras ein.
Signal, Störung, Rauschen
Um Begriffe wie Sensorrauschen, Signal-Rausch-Verhältnis, Nutzsignal oder Störsignal anschaulich erklären zu können wage ich den äußerst exotischen Vergleich eines CCD-Sensors mit einem Restaurant. Wir gehen also zu zweit in ein Restaurant zum Abendessen um uns gemütlich zu unterhalten. Das Restaurant entspricht im Folgendem dem CCD-Chip, die Raumgröße des Restaurants entspricht der Fläche des Chips, die Personen im Restaurant sind die Pixel auf dem Chip.
Nehmen wir an, wir sind die ersten Gäste im Restaurant, weil es gerade erst geöffnet hat. Wir haben freie Platzwahl, im Restaurant herrscht fast gespenstige Stille. Jedes Wort, das wir reden, ist im ganzen Saal hörbar; selbst wenn ich flüstere hört mein Gegenüber und sogar der 10 m entfernt stehende Ober noch jedes Wort von mir; Wir haben also ideale Verhältnisse für eine ungestörte Unterhaltung; das einzige, was wirklich stört, ist, dass die Kellner jedes Wort mithören können, auch wenn sie sich geschickt hinter die Theke zurückziehen.
Zur CCD-Terminologie: Die beiden Personen im Restaurant unterhalten sich, indem sie mit dem Mund Signale absenden, die beim Gegenüber im Ohr ankommen. Die Worte des Partners sind die eigentlichen Nutzsignale, die beim gegenüber Sitzenden ankommen sollen. Da in dem Restaurant nahezu Totenstille herrscht, stört praktisch nichts die eigentlichen Sprachsignale. Daher reicht auch ein leises Flüstern, um seinem Partner etwas mitzuteilen. Wenn sich nicht gerade die Kellner im Hintergrund unterhalten gibt es praktisch keinerlei Störsignale, die die Kommunikation stören. Halten wir also fest:
Bei einem Zweiergespräch in einem Restaurant tauschen die beiden Personen Nutzsignale untereinander aus; alles andere, was im Ohr ankommt, sind Störsignale. Beim CCD-Chip ist das einfallende Licht das Nutzsignal; daraus wird schließlich das Bild.
Zugegeben, das geschilderte Rendezvous hört sich wie eine letzte Henkersmahlzeit an, auf die man gerne verzichten möchte. Also bringen wir etwas Gemütlichkeit in den Abend. Der Wirt ist so freundlich und schaltet eine angenehme Hintergrundmusik hinzu. Somit herrscht in unserem Restaurant ein permanenter Geräuschpegel, der jedoch nicht stört. Die Auswirkung ist, dass wir nicht mehr flüstern können und dass der Kellner im Hintergrund unser normales Gespräch nicht mehr mithören kann.
Taufen wir nun die Hintergrundmusik in Hintergrundrauschen oder Grundrauschen um. Das permanente Rauschen, das in diesem Fall noch nicht unangenehm ist, zwingt uns also, lauter zu sprechen, d.h. wir müssen unsere eigentlichen Sprachsignale verstärken, damit sie beim Gegenüber ankommen. In einem noblen 5-Sterne-Restaurant besteht die Hintergrundmusik sicher aus leichter klassischer Musik so dass wir uns am Tisch ganz normal unterhalten können. In einem Szene-Lokal schaltet der Ober vielleicht nur das Lokalradio in Zimmerlautstärke ein; dann müssen wir aber schon mit lauterer Stimme sprechen, um die Hintergrundmusik zu übertönen. Jeder weiß, dass man in einer Disko das eigene Sprachsignal voll aufdrehen muss, um dem Gegenüber überhaupt noch etwas mitteilen zu können. Halten wir also fest:
In Restaurant entspricht die Hintergrundmusik dem Rauschen. Je höher das Rauschsignal ist desto stärker müssen wir das eigene Sprachsignal ausprägen, damit es im Rauschen nicht untergeht. Bei einem CCD-Sensor wandelt eine Photodiode das einfallende Licht in einen elektrischen Strom um. Die dafür notwendige Grundspannung sorgt für das Rauschen beim CCD-Sensor.
Einfluss von Pixelgröße und -abstand auf das Signal/Rauschen
Im vorigen Kapitel haben wir die Begriffe Signal, Störung und Rauschen kennengelernt. Jetzt veranschaulichen wir uns den Einfluss der Chip-Größe bzw. der Pixel-Größe und des Pixelabstandes. Wir bleiben in unserem Szene-Restaurant, wo der Wirt die Stereoanlage aufgedreht hat und wir uns mit etwas lauterer Stimme unterhalten müssen. Es ist anschaulich, dass die Musik aus der Hifi-Anlage umso störender ist je kleiner das Restaurant ist: Auch das Klirren von Gläsern hinter der Bar nervt in einer kleinen Kneipe mehr als in einem großen Speisesaal.
Erinnern wir uns: Die Hintergrundmusik, das Klirren von Gläsern und Flaschen an der Bar sowie das Gespräch anderer Leute macht ein permanentes Rauschen im Restaurant aus. Nun sitzen wir uns zu zweit gegenüber mittendrin an einem schönen Tisch und unterhalten uns. Am Nachbartisch sitzt eine Gruppe Skatspieler, die bei jedem Wurf in lautes Gelächter ausbricht, am anderen Nachbartisch wird jede Minute mit einem Trinklied angestoßen. Diese Geräusche interessieren uns nicht sondern stören vielmehr unser Zweiergespräch. Wenn die Nachbartische in 5 m Entfernung stehen bekommen wir weniger davon mit als wenn wir Rücken an Rücken eingepfercht dasitzen.
Zum CCD-Chip: Was im Restaurant die Leute sind, sind auf dem Chip die einzelnen Pixelelemente. Je näher die Pixel beieinander sind desto mehr stören sie sich einander. Auch ist leicht verständlich, dass sich die einzelnen Pixel umso mehr ins Gehege kommen, je kleiner sie sind: Sind in unserem Restaurant 100 Erwachsene untergebracht ist das Chaos kleiner als wenn sich 500 Kleinkinder im gleichen Raum rumtummeln. Halten wir fest:
Je kleiner die Fläche des CCD-Chips ist, je mehr Pixel auf dem Chip enthalten sind und je näher die Pixel beieinander liegen, desto mehr stören sich die einzelnen Elemente gegenseitig und das Rauschen steigt an.
Wie entsteht das Bildrauschen in einer Digitalkamera?
Auf einem Digitalkamera-Chip befinden sich Millionen kleinster Elemente: Photodioden wandeln das einfallende Licht in einen Elektrischen Strom, und zwar derart dass ein umso höherer Strom fließt je heller das einfallende Licht ist. Bei Nachtaufnahmen fließt demnach wenig Strom während bei Tageslicht die Stromstärke hoch ist.
Befände sich die Digitalkamera in einem stockdunklen Raum so dürfte eigentlich auf dem CCD-Chip gar nichts passieren, da ja keinerlei Licht auf die Photodioden trifft. Dem ist aber nicht so, denn Elektronen geraten auch durch Wärme in Bewegung, und bei längerer Betriebszeit, vor allem bei eingeschaltetem Display, wird eine Digicam bekanntlich warm. Außerdem ist zum Betrieb des Sensors eine Grundspannung notwendig, die ebenfalls einzelne Elektronen in Bewegung versetzt. So passiert es also auch bei absoluter Dunkelheit, dass einzelne Elektronen zufällig ausgelöst werden und einzelne Sensorelemente reagieren. Man erhält zufällig verteilte einzelne Pixel unterschiedlicher Farbe auf dem "Film", und genau diesen Effekt bezeichnet man als Bildrauschen.
Bildrauschen entsteht durch zufällig angeregte Elektronen infolge von Wärme oder der Grundspannung des Chips.
Dieses Grundrauschen ist immer vorhanden, man kann es nicht abschalten. Während es bei Nachtaufnahmen jedoch stark zu Tage kommt ist es bei Tageslichtaufnahmen vernachlässigbar. Warum? Bei hellichtem Tage ist die Intensität des einfallenden Lichtes auf die einzelnen Photodioden so hoch, dass die wenigen Elektronen, die durch Wärme und Grundspannung ausgelöst werden,gegenüber denjenigen, die durch das einfallende Licht ausgelöst werden, deutlich in der Unterzahl liegen und somit keinen "rauschenden" Einfluss auf das Bild ausüben, vergleiche die Situation im leeren Restaurant, wo nur leichte Hintergrundmusik läuft.
Bei Nachtaufnahmen fällt jedoch so wenig Licht auf den Chip, dass die durch das Licht ausgelösten Elektronen die durch Wärme und Grundspannung zufällig ausgelösten Elektronen nicht eindeutig an Anzahl übertreffen. Somit ergibt sich eine Mischung aus Signal und Rauschen, so dass das Bild verrauscht ist, vergleiche das volle Restaurant, in dem sich 100 Leute unterhalten und man gezielt bei zwei Personen mithören möchte.
Sehr teure Digitalkameras haben übrigens Peltier-Kühlelemente für den Chip eingebaut, so dass auch bei längerem Betrieb der Kamera das Grundrauschen infolge von Wärmebildung stark unterdrückt wird - ganz vermeiden kann man es wie gesagt nicht.
Einfluss der ISO-Zahl auf das Bildrauschen
Während der Analogfotograf bei kritischen Lichtverhältnissen einen schnelleren Film einlegt (höhere ISO-Zahl), wählt der Digitalfotograf bequem im Menü eine höhere ISO-Zahl aus. Während standardmäßig mit ISO-100 fotografiert wird, bieten manche Kameras ISO-Einstellungen bis 1600 oder gar 3200 an. Welchen Effekt erzielt man durch erhöhen der ISO-Zahl?
Es ist ein beliebtes Instrument bei Digitalfotografen ein und dieselbe Aufnahme 5 mal mit unterschiedlichen ISO-Einstellungen zu machen. Während man bei einer Abendlichtaufnahme mit ISO 100 z.B. 10 Sekunden belichten muss, Reichen bei ISO 400 vielleicht nur noch 1,5 Sekunden Belichtungszeit - immer noch zu viel um freihändig ein scharfes Bild zu machen. Bei ISO 3200 sinkt die Belichtungszeit aber z.B. auf 300 ms, dann kann man einen "Freischuss" wagen. Diese Verringerung der Belichtungszeit ist für den Amateurfotografen genauso ersichtlich wie das zunehmende Bildrauschen bei steigender ISO-Zahl.
Was macht die Kamera, wenn man die ISO-Einstellung erhöht? Warum erhöht sich dadurch das Bild-Rauschen? Um bei einer Nachtaufnahme aus dem schwachen Lichtsignal mehr herauszuholen wird von der Kamera-Elektronik eine Signal-Verstärkung durchgeführt. Da die Elektronik jedoch Nicht bzw. nur schwer zwischen Nutzsignal und Rauschsignal unterscheiden kann, wird zwangsläufig auch das Grundrauschen verstärkt. Je höher die ISO-Zahl ist desto stärker wird das Signal und damit auch das Rauschen der Digitalkamera verstärkt. Und während das Rauschen bei ISO-100 noch kaum zum Vorschein tritt wird es bei ISO-800 dank der extremen Verstärkung effektvoll in Szene gesetzt.
Bei Erhöhung der ISO-Einstellung erfolgt in der Kamera eine Signalverstärkung; dadurch wird sowohl das eigentliche Bildsignal als auch das Rauschen verstärkt.
Das folgende Beispiel zeigt die Aufnahme einer Spraydose mit Anti-Staub-Spray, das in der Fotografie bzw. beim Scannen zum Wegpusten von Staub und Schmutz von Filmmaterial verwendet wird. Das linke Bild zeigt die Aufnahme mit der Einstellung ISO 100. Per Mausklick erhält man einen 100% Ausschnitt des Originalbildes. Man erkennt ein sauberes, scharfes Bild, das lediglich leichte Ungleichmäßigkeiten infolge der starken JPG-Komprimierung zeigt. Ganz anders im rechten Bild, das die gleiche Aufnahme mit der Einstellung ISO 3200 zeigt. Im ganzen Bild erkennt man starkes Rauschen, der Gesamteindruck des Bildes wirkt sehr unscharf.
Die beiden Aufnahmen wurden bewusstermaßen nicht mit einer professionellen Spiegelreflexkamera sondern mit einer einfachen Kompaktkamera von Canon gemacht. Besonders die kleinen Kompaktkameras zeigen bei hohen ISO-Einstellungen solch extremen Rauscheffekte. Professionelle DSLRs, die zum Teil einen Vollformatchip haben, sind heutzutage so gut, dass sie selbst bei ISO 3200 noch kaum Rauscheffekte zeigen.
Wie bereits gesagt, diesen Effekt kann man (leider) nicht unterbinden, man kann ihn lediglich reduzieren. Sehr teure Digicams haben von Grund auf ein sehr schwaches Grundrauschen, z.B. weil der Chip eine sehr große Fläche hat, somit die einzelnen Photodioden eine größere Fläche einnehmen und einen größeren Abstand zueinander haben. Bei Erhöhung der ISO-Zahl wird aus dem sehr schwachen Grundrauschen vielleicht ein schwaches Rauschen, was aber immer noch vernachlässigbar bzw. akzeptabel ist.
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