Farbtemperatur und Weißabgleich
Für einen Laien ist der Begriff Farbtemperatur ein äußerst merkwürdiger Fachausdruck. Mit den beiden Einzelwörtern Farbe und Temperatur hat jeder schon im Kindesalter umzugehen gelernt, aber das zusammengesetzte Wort Farbtemperatur klingt irgendwie unlogisch. Hat denn eine Farbe eine bestimmte Temperatur? Oder ist etwa einer bestimmten Temperatur eine bestimmte Farbe zugeordnet?
In unserem Lebensalltag verbinden wir schon gewisse Farben mit gewissen Temperaturen. Bereits als Kind lernt man, dass der blaue Punkt auf dem Wasserhahn kalt und der rote Punkt heiß bedeutet; blau wie kaltes Wasser, rot wie heißes Feuer. Andererseits lernt man in der Schule, dass der innere blaue Bereich einer Gasflamme der heißeste Teil der Flamme ist. Haben also solche Farbbedeutungen aus dem Alltag etwas Wissenschaftliches an sich oder hätte man auf den Wasserhahn genauso einen gelben und grünen Punkt malen können?
Wer sich einen modernen, hochwertigen Monitor kauft und in dem Einstellmenü blättert oder wer seinen Bildschirm mit Hilfe eines Monitor-Kalibrier-Tools kalibriert, kann/muss die Farbtemperatur einstellen. Dabei geht es jedoch nicht um Werte im Bereich von angenehmen 25°C-35°C sondern man hat zum Beispiel die Auswahl zwischen 5000 K und 6500 K. Das sind ja schrecklich hohe Temperaturen, da lässt man doch besser die Finger weg, ehe sich der Bildschirm auf über 5000°C aufheizt, nicht?
Ich habe mir die oben beschriebene Problematik und Unklarheit zum Anlass genommen, auf den Begriff Farbtemperatur detailliert einzugehen. Die folgenden Kapitel erklären den physikalischen Hintergrund, der zugegebenermaßen für einen Nicht-Naturwissenschaftler nicht leicht zu verstehen ist, einige notwendige Grundbegriffe und die Bedeutung bzw. Anwendung der Farbtemperatur in der Praxis.
Definition der Farbtemperatur
Als erstes sei bemerkt, dass die Farbtemperatur nicht in den uns vertrauten °C (oder Fahrenheit in den USA) angegeben wird, sonern in Kelvin (Abkürzung K). Die Celsius-Skala wurde 1742 von dem schwedischen Astronomen Anders Celsius anhand der Wechsel der Aggregatzustände des Wassers bei Normaldruck aufgestellt, d.h. bei 0°C gefriert Wasser und bei 100°C verdampft Wasser. Die Kelvin-Skala hat die gleiche Skalierung wie die Celsius-Skala, jedoch beginnt sie bei 0 und kennt keine negativen Werte. Eine Temperatur von 0 K entspricht -273,15°C.
-273,15 °C = 0 K
Der Nullpunkt der Kelvin-Skala heißt absoluter Nullpunkt. Bei dieser Temperatur kommen sämtliche Kernbewegung in einem Atom zum Stillstand; eine niedrigere bzw. exakt diese Temperatur ist gemäss dem dritten Hauptsatz der Thermodynamik nicht möglich. Die Umrechnung von K in °C erfolgt ganz einfach, indem vom Kelvin-Wert 273,15 abgezogen wird (Beispiel: 500 K entsprechen 500 - 273,15 = 226,85°C). Bemerkt sei noch, dass man nur Kelvin und nicht Grad Kelvin sagt. Kommen wir zur Definition des Begriffes Farbtemperatur, die sich kurz und knapp formulieren lässt:
Als Farbtemperatur bezeichnet man diejenige Temperatur, die ein schwarzer Körper haben müsste, damit dessen Licht denselben Farbeindruck erweckt wie die tatsächlich vorhandene Beleuchtung.
Wer jetzt sagt "alles klar" oder "klingt logisch" oder "ich erinnere mich an mein Studium", der kann die folgenden Unterkapitel getrost überspringen; Wem jedoch der Begriff Schwarzer Körper fremd und mysteriös vorkommt und sich immer noch nicht erklären kann, weshalb gängige Farbtemperatur-Einstellungen Tausende von Kelvin haben, der bekommt im Folgenden eine kleine Einführung in die Thermodynamik und lernt die physikalischen Hintergründe.
Der schwarze Körper
Bei der Definition der Farbtemperatur sind wir über den Begriff des Schwarzen Körpers gestolpert. Was ist mit einem Schwarzen Körper gemeint? Im alltäglichen Leben sagt man oft, dass ein schwarzer Gegenstand keine Farbe hat, er ist einfach schwarz. Bei Dunkelheit werden sogar alle Gegenstände schwarz. Unter welcher Voraussetzung erscheint ein Körper schwarz? Auf der Seite Farbmodelle haben wir gelernt, dass ein Gegenstand als schwarz erscheint, wenn er vom weißen Sonnenlicht sowohl die Rotanteile als auch die Grünanteile und die Blauanteile absorbiert, also quasi kein sichtbares Licht reflektiert. Entsprechend ist der Fachbegriff Schwarzer Körper definiert:
Ein Schwarzer Körper absorbiert alle einfallende Strahlung unabhängig von deren Wellenlänge, reflektiert also keine Strahlung.
Ein Schwarzer Körper ist also wie ein schwarzes Loch im Weltall: Beleuchtet man ihn mit einer beliebigen Lichtquelle frisst er alle Lichtstrahlen in sich hinein und lässt keinen einzigen Strahl abblitzen. In der Thermodynamik hat der Schwarze Körper eine essenzielle Bedeutung: Sämtliche Eigenschaften, die für einen Schwarzen Körper gelten, lassen sich auch auf einen beliebigen Körper übertragen, wenn man seinen Absorptionsgrad kennt.
Wie kann man sich nun einen Schwarzen Körper vorstellen? Eine schwarze Kugel oder ein schwarzes Auto ist nur eine Näherung für einen Schwarzen Körper; einen richtigen Schwarzen Körper, der wirklich alle Strahlen absorbiert, gibt es im Alltagsleben nicht; Am Besten kann man sich einen Schwarzen Körper mittels eines perfekt isolierten Hohlraumes veranschaulichen. Der Hohlraum habe an der Vorderseite ein winziges Löchchen, durch den kleinste Lichtmengen in den Hohlraum eintreten können. Ein einfallender Lichtstrahl wird im Hohlraum von den Wänden so oft reflektiert, bis er ganz verpufft. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Lichtstrahl wieder durch das kleine Loch austritt, ist äußerst gering. Der eintretende Lichtstrahl wird quasi vollständig vom Hohlraum verschluckt, also vollständig absorbiert.
An dieser Stelle sei noch bemerkt, dass ein Schwarzer Körper nicht nur die für den Menschen sichtbare Strahlung absorbiert. Ein Schwarzer Körper absorbiert laut Definition sämtliche Strahlung, also auch Wellenlängen jenseits des Infrarotbereiches und des Ultraviolettbereiches.
Die Strahlung des Schwarzen Körpers
In diesem Kapitel tauchen wir etwas tiefer in thermodynamische Grundlagen ein. Wer nicht gerade ein Ingenieur- oder naturwissenschaftliches Studium hinter sich hat, kann diesen Abschnitt getrost überspringen und sich auf die Kernaussagen am Ende des Kapitels konzentrieren.
Zuerst sei ein gewisser Kirchhoffscher Satz erwähnt, gemäß dem ein beliebiger Körper, der stark absorbiert, auch stark strahlt; Anders ausgedrückt: Ein Körper, der mit seiner Umgebung im thermodynamischen Gleichgewicht steht, strahlt dieselbe Energie ab, die er absorbiert. Würde er weniger abstrahlen als absorbieren, würde er Energie zunehmen, d.h. seine Temperatur würde steigen; thermodynamisches Gleichgewicht wäre dann nicht gegeben. Da ein Schwarzer Körper sämtliche einfallende Strahlung absorbiert, strahlt er diese auch wieder ab. Damit ist der Schwarze Körper nicht nur der größte Absorbator sondern auch der stärkste Strahler.
Welche Energie strahlt nun ein Schwarzer Körper ab? Das Stefan-Boltzmann-Gesetz stellt den Zusammenhang zwischen flächenspezifischer Strahlungsleistung und Temperatur eines Schwarzen Körpers auf. Demnach steigt die Gesamtstrahlungsleistung mit der vierten Potenz der Temperatur. Das Stefan-Boltzmann-Gesetz soll uns jedoch nicht weiter interessieren. Uns interessiert die flächenspezifische Strahlungsleistung eines Schwarzen Körpers in einem bestimmten Wellenlängenbereich. Und genau diesen Zusammenhang liefert die Strahlungsformel von Max Planck. Die Entdeckung dieses Zusammenhanges im Jahre 1900 gilt übrigens als Geburtsstunde der Quantenmechanik.
Das Plancksche Strahlungsgesetz sieht komplizierter aus als es ist. Berechnet wird die Strahlungsleistung, die ein Schwarzer Körper in Abhängigkeit von seiner Temperatur T in einem bestimmten Wellenlängenbereich λ pro Flächeneinheit von sich gibt. Die übrigen Parameter in der Formel sind Konstanten: Lichtgeschwindigkeit c = 299792458 m/s , Planckes Wirkungsquantum h = 6,6260755 • 10-34 Js , Boltzmann-Konstante k = 1,38066 • 10-23 J/K .
In der großen Grafik ist die aus dem Planck'schen Strahlungsgesetz berechnete Strahlungsleistung für verschiedene Temperaturen T über der Wellenlänge λ dargestellt. Man erkennt sofort, dass die Strahlungsleistung umso höher ist je höher die Temperatur ist. Man erkennt auch bei jeder Kurve ein Maximum, das mit steigender Temperatur zu immer geringeren Wellenlängen verschoben wird. Dieses Maximum kann man berechnen, indem man das Plancksche Strahlungsgesetz differenziert. Das Nullsetzen der Ableitung und das Zusammenfassen sämtlicher Konstanten führt zu einer sehr einfachen Formel, dem songenannten Wienschen Verschiebungsgesetz.
Das Wiensche Verschiebungsgesetz gibt also den direkten Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Wellenlänge, bei der die Strahlungsenergie am höchsten ist, an. Der Wert der Konstanten beträgt übrigens 0,00289 mK. Wir kommen auf diesen wichtigen Zusammenhang später zurück, denn dieser Zusammenhang lässt sich im alltäglichen Leben leicht beobachten.
Zusammenhang zwischen Farbtemperatur, Strahlung und Farbe
Nach unserem kleinen wissenschaftlichen Ausritt in das Gebiet der Thermodynamik müssen wir nun den Bogen von den theoretischen Grundlagen zur Paxis spannen. Konkret heißt das, den Zusammenhang zwischen der Farbtemperatur, der damit verbundenen Strahlung und dem eigentlichen Farbempfinden des Menschen zu finden.
Wir haben in den vorhergehenden Kapiteln gelernt, dass ein Schwarzer Körper in Abhängigkeit von seiner Temperatur ein gewisses Strahlungsspektrum von sich gibt. Betrachten wir im Folgenden einmal das Strahlungsspektrum eines Schwarzen Körpers, der eine Temperatur von 5500 K hat. In der nebenstehenden Grafik ist die zugehörige Strahlungs-Leistung über einem Wellenlängen-Bereich von 200 nm bis 1000 nm aufgetragen.
Wir finden das Maximum der Strahlungskurve bei ca. 520 nm, was sich auch durch das oben gezeigte Wiensche Verschiebungsgesetz ausrechnen lässt. Einer Wellenlänge von 520 nm entspricht ein gelb-grüner Farbton. Links davon haben die Farbwerte von violett über blau bis gelb, und rechts davon die Farbwerte von grün bis Rot einen ziemlich hohen Wert. Insgesamt kann man sagen, dass die Strahlungsstärke im Bereich des sichtbaren Lichtes von violett bis rot ziemlich ausgeglichen ist. Auf der Seite Farbmodelle haben wir gelernt, dass sich weißes Tageslicht aus genau dem oben erkannten Farbspektrum zusammensetzt. Und damit haben wir den Bogen von der Farbtemperatur über die Strahlungsleistung zum tatsächlichen Farbeindruck gespannt.
Ein Schwarzer Körper mit einer Temperatur von 5500 K hat ein Strahlungsspektrum, das in etwa dem des Tageslichts entspricht.
Und damit sind wir auch bereits wieder bei der Definition der Farbtemperatur, die ich ohne weitere Erläuterung ganz oben auf dieser Seite einfach so hingeknallt habe. Eine bestimmte Lichtsituation aus dem Alltag, zum Beispiel Mittagslicht, Abendlicht oder Kunstlicht, wird mit Hilfe der Farbtemperatur beschrieben. Zu jeder Farbtemperatur gibt es ein fest definiertes Strahlungsspektrum, das ein Schwarzer Körper bei der jeweiligen Temperatur von sich gibt. Dieses Strahlungsspektrum des Schwarzen Körpers beschreibt ungefähr die tatsächliche Lichtsituation; man möge jedoch im Hinterkopf behalten, dass es sich dabei nur um eine Näherung handelt.
Bedeutung der Farbtemperatur im Lebensalltag
Je weiter wir auf dieser Seite nach unten scrollen, desto mehr kommen wir von der Theorie zur Praxis. In diesem Kapitel geht es um alltägliche Lebenssituationen; wir beginnen mit einem jedermann bekannten Beispiel, wo sich die Farbe mit der Temperatur ändert; Nehmen wir eine Stahlstange und erhitzen diese kontinuierlich. Ein Schmied mag dies durch harte Schläge bis zu 1000°C bringen, in einem Ofen erreichen wir noch höhere Temperaturen. Bei ca. 500°C beginnt der Stahl in einer tief roten Farbe zu glühen. Erhöhen wir die Temperatur geht die Farbe ins Gelbliche und schließlich treibt man den Stahl bis zur Weißglut. Wenn das Metall jetzt noch nicht schmilzt kann man die Temperatur sogar so weit erhöhen, dass es bläulich glüht.
Ein weiteres Beispiel aus dem Alltag: Eine Kerze hat eine orange-gelbe Flamme; zum Docht hin steigt die Temperatur und die Farbe geht ins Weißliche oder Bläuliche über. Bei einem Gasbrenner erkennt man deutlich eine blaue Kernflamme, um die herum sich eine weiße bis gelbe Randzone befindet. Und noch ein Beispiel, das jeder kennt: Läuft man bei Dunkelheit durch die Straßen und blickt in die Wohnungen anderer Leute, so erkennt man einige Zimmer, die gelb erscheinen, und einige die nahezu weiß leuchten. Wer ein ganzes Zimmer mit einer 60 W Glühlampe beleuchtet hat die typisch gelbliche Stimmung. Wer sein Zimmer dagegen mit zahlreichen Leuchtstoffröhren ausstattet, bekommt das typische weiße Bürolicht.
Bei all diesen Beispielen erkennen wir einen Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Farbe: Mit steigender Temperatur ändert sich die Farbe von rot über orange, gelb, weiß bis blau. Betrachten wir noch einmal die Strahlungskurven im Bild weiter oben für verschiedene Farbtemperaturen oder nehmen wir die Wiensche Formel her: Wir erkennen bei niedrigen Farb-Temperaturen eine Betonung im roten Bereich; bei Farbtemperaturen im Bereich von 5000-6000 K finden wir das ausgeglichene Spektrum, welches einem weißen Farbeindruck entspricht, und bei sehr hohen Farbtemperaturen liegt das Maximum der Kurven im blauen Wellenlängenbereich.
Erhöht man die Farbtemperatur von ca. 3000 K bis ca. 9000 K so ändert sich der Farbeindruck von rot über orange, gelb, weiß, hellblau, blau bis violett.
Eigentlich bin ich jetzt am Ziel meiner Erläuterungen angelangt. Wir haben einige thermodynamische Grundlagen gelernt, insbesondere was ein Schwarzer Körper ist und welches elektromagnetisches Strahlungsspektrum er bei verschiedenen Temperaturen von sich gibt. Wir haben gesehen, wie man einem solchen Strahlungsspektrum einem bestimmten Farbeindruck zuordnen kann, und gerade eben haben wir gesehen, wie sich alltägliche Farb-Wahrnehmungen mit dieser Theorie in Einklang bringen lassen.
Eine Frage, die sich jetzt eigentlich jeder stellen müsste, bleibt noch offen: Ein auf ca. 500°C erhitzter Stahlstab glüht rot; den roten Farbeindruck erhält man aber bei einer Farbtemperatur von ein paar Tausend Kelvin. Und im blauen Innern einer Gasbrenner-Flamme herrschen doch keine 8000°C, wie man aus der Farbtemperatur für Blau entnehmen kann, nicht? Da fehlt noch eine Art Korrekturfaktor, der den theoretischen Wert der Farbtemperatur mit der praktischen Farb-Wahrnehmung in Einklang bringt.
Einen solchen Faktor gibt es; seine physikalische Bezeichnung ist Absorptionsgrad. Erinnern wir uns: Die Farbtemperatur gibt die Temperatur eines Schwarzen Körpers an, die er haben müsste, um einen bestimmten Farbeindruck zu erzeugen. Ein Schwarzer Körper absorbiert sämtliche auf ihn einfallende Strahlung und ist damit ein ideales Gebilde, das es in der Praxis nicht gibt. Ein realer Körper dagegen absorbiert nur einen Teil der einfallenden Strahlung; der Rest wird reflektiert. Den prozentuellen Anteil der absorbierten Strahlung gibt man numerisch mit dem Absorptionsgrad an.
Reale Körper unterscheiden sich von einem idealen Schwarzen Körper durch ihren Absorptionsgrad. Kennt man den Absorptionsgrad eines Körpers, lassen sich dessen Strahlunseigenschaften ausgehend vom idealen Schwarzen Körper berechnen.
Beispiel: Ein Schwarzer Körper habe eine Farbtemperatur von 3000 K. Betrachten wir sein Strahlungsspektrum bei dieser Temperatur (siehe obere große Grafik), so erkennen wir die Betonung im roten Bereich. Ein Stück Stahl habe nun einen Absorptionsgrad von 20%, d.h. 80% der einfallenden Strahlung wird reflektiert, 20% wird absorbiert. Das Stück Stahl strahlt also nur mit 20% der Strahlungsleistung des Schwarzen Körpers; näherungsweise bedeutet dies, dass die effektive Farbtemperatur auf ca. 600 K sinkt. Dies erklärt die Tatsache, dass eine Stahlstange bereits bei so niedrigen Temperaturen rot glüht und nicht erst bei Tausenden von Grad Celsius.
Bedeutung der Farbtemperatur in der Fotografie
Wer die ganzen theoretischen Kapitel oben übersprungen hat und gleich hier anfängt zu lesen, dem sei kurz zusammengefasst, was die Farbtemperatur in der Praxis bedeutet: Die Farbtemperatur beschreibt eine alltägliche Lichtsituation mit einem einzigen Zahlenwert. Dieser Zahlenwert entspricht der Temperatur eines idealen Schwarzen Körpers, so dass dessen Strahlungsspektrum ungefähr der beschriebenen Lichtsituation entspricht.
Lichtquelle |
Farbtemperatur |
Rotglut |
500 K |
Kerze |
1500 K |
Glühbirne 40 W |
2680 K |
Glühbirne 100 W |
2800 K |
Glühbirne 200 W |
3000 K |
Halogenlampe |
3200 K |
Spätabendsonne vor Dämmerung |
3500 K |
Leuchtstoffröhre (kaltweiß) |
4000 K |
Morgen- und Abendsonne |
5000 K |
Vormittags- und Nachmittagssonne |
5500 K |
Mittagssonne |
5500 - 5800 K |
Blitzlichtaufnahme |
6000 K |
Bedeckter Himmel |
6500 - 7500 K |
Nebel |
8000 K |
Blauer Himmel im Schatten |
9000 - 12000 K |
Nördliches Himmelslicht |
15000 - 25000 K |
Als Fotograf braucht man weder wissen, was ein Schwarzer Körper ist, noch wie die Farbtemperatur berechnet oder hergeleitet wird. Wichtig zu wissen ist, dass bestimmte Lichtverhältnisse mit einer bestimmten Farbtemperatur beschrieben werden. Die nebenstehende Tabelle listet einige Lichtsituationen mit der zugehörigen Farbtemperatur auf.
Wir erkennen, dass das Spektrum der Farbtemperatur für Innen-Aufnahmen zwischen 2500 K (normales Glühbirnen-Licht) und 4000 K (Leuchtstoffröhren-Licht) liegt. Bei Außen-Aufnahmen ist der Bereich der Farbtemperatur noch viel größer: Vom frühen Sonnenaufgang bis zur prallen Mittagssonne steigt die Farbtemperatur von ca. 3500 K bis fast 6000 K an, um bis zum späten Abend wieder deutlich abzufallen. Bei bedecktem Himmel oder gar bei Nebel steigt die Farbtemperatur auf 6500 - 8000 K an. Fotografiert man bei blauem Himmel im Schatten, entspricht das Lichtverhältnis einer Farbtemperatur von zum Teil über 10.000 K.
Auch der Fotograf, der sich nicht weiter mit der oben erklärten Theorie befasst, erkennt, dass die Farbtemperatur nichts mit der tatsächlichen Temperatur zu tun hat. Die Tatsache, dass die Farbtemperatur bei nebligem Wetter höher liegt als in praller Mittagssonne, liegt an dem dunkleren Farbeindruck, den der Nebel gegenüber der Mittagssonne verursacht.
Für den Digitalfotografen bleibt festzuhalten, dass es im Fotografier-Alltag unterschiedliche Lichtsituationen gibt, die mit einem Farbtemperaturwert zwischen ca. 1000 K und 10.000 K beschrieben werden; Eine niedrige Farbtemperatur entspricht einem rötlichen Farbeindruck, eine Farbtemperatur zwischen 5000 K und 6000 K entspricht weißem Tageslicht und noch höhere Farbtemperaturen entsprechen bläulichen Lichtsituationen.
Weißabgleich in einer Digitalkamera
In einer Digitalkamera wird entweder ein automatischer Weißabgleich oder ein manueller Weißabgleich durchgeführt, um das Aufnahmeverhalten der Kamera an die jeweilige Lichtsituation anzupassen. Billige Digitalkameras arbeiten zumeist mit einem voll automatischen Weißabgleich; bessere Modelle erlauben auch die Einstellung ganz bestimmter Lichtsituationen (halbautomatischer Weißabgleich), wie zum Beispiel Kunstlicht, Blitzlicht, Sonnenschein, Wolken, Dämmerung etc.; Professionelle Modelle erlauben sogar die Durchführung eines manuellen Weißabgleiches.
Warum ist bei einer Digitalkamera ein Weißabgleich notwendig? Das war doch in der analogen Fotografie-Welt auch nicht nötig, oder? Die zweite Aussage ist nicht ganz richtig, wenn auch vielen Fotografen unbekannt: Es gab bzw. gibt immer noch ganz spezielle Filme, die für eine bestimmte Lichtsituation sensibilisiert sind und zum Beispiel die Farbtemperaturverschiebung in Innenräumen ausgleichen. Auch gibt es Korrekturfilter, die dieselbe Aufgabe erfüllen. Aber warum ist ein Weißabgleich überhaupt notwendig? Das menschliche Auge erkennt doch auch weiße Flächen als solche, egal ob im Freien oder in beleuchteten Räumen!
Eine weiße Fläche erscheint in einem mit Glühbirnen beleuchteten Raum ganz anders als im freien Tageslicht. Und selbst am späten Abend unterscheidet sich ein weißes Blatt Papier vom selbigen bei Mittagssonnenschein. Unser Auge bzw. das Gehirn ist jedoch so intelligent, dass es sich automatisch auf die jeweilige Lichtsituation einstellt. Der Mensch führt quasi intuitiv einen vollautomatischen Weißabgleich durch; der Fachbegriff dafür lautet chromatische Adaption. Dieser Anpassungsprozess beim Menschen ist durch die unterschiedlichen Typen von lichtempfindlichen Zellen auf der Netzhaut des Auges möglich. Während das menschliche Auge also einen Farbstich, der zum Beispiel durch Halogenbeleuchtung entsteht, automatisch ausgleicht, zeichnet eine Digitalkamera diesen gnadenlos auf. Ist die Digitalkamera auf Tageslicht eingestellt und fotografiert man bei Kunstlicht, erscheint das Bild rötlich. Ist sie auf Sonnenschein eingestellt und fotografiert man im Nebel, so erhält man ein blaustichiges Bild.
Durch einen Weißabgleich stellt man die Digitalkamera auf die jeweilige Lichtsituation ein.
Wie oben schon erwähnt findet man in gängigen Digitalkamera-Modellen je nach Ausstattung bis zu drei verschiedene Weißabgleichs-Methoden:
Vollautomatischer Weißabgleich
Beim vollautomatischen Weißabgleich (englisch AWT - Automatic White Balance) sucht die Kamera nach der hellsten Fläche auf dem Bildmotiv; diese sollte natürlich weiß sein. Die Kamera stellt dann den gemessenen Farbwert auf weiß ein und passt den übrigen Farbraum entsprechend an. Ist die hellste Fläche keine weiße Fläche so wird eine falsche Farbe als weiß eingestellt und das ganze Bild erhält einen unangenehmen Farbstich. In diesem Fall hilft nur ein manueller Weißabgleich weiter.
Halbautomatischer Weißabgleich
Beim halbautomatischen Weißabgleich wählt der Fotograf an seiner Digitalkamera eine fest gespeicherte Lichtsituation aus; Typischerweise sind derartige Grundumgebungen für Sonnenlicht, bewölkter Himmel, Blitzlicht, Innenlicht oder Halogenlicht gespeichert. Solche fest gespeicherten Lichtprofile sind jedoch nur Näherungen für die tatäsächliche Umgebung; eine solche Näherung reicht jedoch in der überwiegenden Zahl von Anwendungsfällen aus. Zum Beispiel haben wir in der oben stehenden Tabelle gesehen, dass Sonnenlicht um die Mittagszeit ganz andere Eigenschaften hat als am späten Nachmittag.
Manueller Weißabgleich
Beim manuellen Weißabgleich verlässt man sich nicht auf fest gespeicherte Profile oder die Kameraautomatik sondern auf ein bloßes weißes Blatt Papier, das formatfüllend fotografiert wird. Der Kamera teilt man dann im Einstellungsmenü mit, dass diese Aufnahme zum Weißabgleich verwendet werden soll. Die Farbe weiß wird dann entsprechend dieser Vorlage eingestellt und der übrige Farbraum entsprechend gespreizt. Der Vorteil des manuellen Weißabgleiches ist, dass das eigentliche zu fotografierende Motiv keine weißen Elemente enthalten muss und dass sich die Einstellungen speichern lassen. Wer sich zum Beispiel in seinem Hobbyraum ein kleines Fotostudio mit konstanter Lichtumgebung eingerichtet hat, fotografiert einmal ein weißes Blatt Papier (oder noch besser eine Graukarte) und speichert diese Aufnahme fest auf seiner Speicherkarte. Der manuelle Weißabgleich kann dann in Sekundenschnelle durchgeführt werden.
Abschließend sei noch eine typische Situation erwähnt, wo nicht nur die Belichtung einer Digitalkamera sondern auch deren automatischer oder halbautomatischer Weißabgleich scheitert: Fotografiert man ein Zimmer mit großen Fenstern, so hat man im innern ziemlich dunkles Licht, während im Freien hellster Sonnenschein herrscht. Solche Aufnahmen werden zumeist ungünstig belichtet und bekommen einen Farbstich. Da hilft nur der manuelle Eingriff, sowohl was die Belichtung als auch was den Weißabgleich betrifft.
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